Aufbruch:Stadt — Einleitung

Seit eini­gen Jah­ren beschäf­ti­gen mich The­men der Stadt­ent­wick­lung in theo­re­ti­schen Debat­ten und Bei­trä­gen sowie in der kon­kre­ten Umset­zung vor Ort in Köln. Eini­ge, der im fol­gen­den Papier for­mu­lier­ten Gedan­ken sind schon Teil frü­he­rer Ver­öf­fent­li­chun­gen gewe­sen, wie zum Bei­spiel zur Ven­lo­er Stra­ße, dem Helios­ge­län­de oder dem Eifel­wall. Ande­ren The­men waren Teil von gemein­sa­men Pro­jek­ten, wie zum Bei­spiel die Ent­wick­lung des nach­hal­ti­gen Ver­kehrs­kon­zept der Ago­ra Köln, der Initia­ti­ve #Geh­weg­frei, der Wan­der­baum­al­lee Köln. Oder es geht ganz all­ge­mein um das ehren­amt­li­che Enga­ge­ment im eige­nen Wohnumfeld.

Stadt­ent­wick­lung und Transformation

Bei den so offen dalie­gen­den Not­wen­dig­kei­ten der Trans­for­ma­ti­on des öffent­li­chen Raums und des kli­ma­ge­rech­ten und gemein­wohl­ori­en­tier­ten Umbaus der Stadt ist es mir schlei­er­haft, war­um so wenig pas­siert, war­um Pro­zes­se so lang­wie­rig und war­um die poli­ti­schen / ver­wal­tungs­sei­ti­gen und auch gesell­schaft­li­chen Wider­stän­de so hart­nä­ckig sind.

Die wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis ist ein­deu­tig. Seit vie­len, vie­le Jah­ren. Und auch die zahl­rei­chen Kon­zep­te und Debat­ten zum The­ma Stadt­ent­wick­lung bie­ten Lösungs­an­sät­ze, Stra­te­gien und kon­kre­te Hand­lungs­an­wei­sun­gen die „nur“ auf­ge­grif­fen und umge­setzt wer­den müssen.

Eini­ges davon habe ich in die­sem Text wie in einem gro­ßen Notiz­buch gesam­melt und bin dabei auch immer wie­der auf neue, span­nen­de Aspek­te gesto­ßen. Ande­re Ideen sind wie so häu­fig neben­bei am Küchen­tisch ent­stan­de­nen: „Es könn­te als Pilot­pro­jekt in einem Veedel der umfas­sen­de und kli­ma­ge­rech­te Umbau der Stadt anschau­lich und kon­kret umge­setzt wer­den.

Aus die­sen Ideen her­aus ist die­ser Text und der Vor­schlag ent­stan­den, an dem Veedel (das köl­sche Quar­tier) Ehren­feld hin­ter dem Gür­tel durch­zu­spie­len, was für den unver­meid­lich und zwin­gend erfor­der­li­chen Umbau der Stadt not­wen­dig und mög­lich ist. Dabei soll es aber nicht um ein neu­es Unter­su­chungs­ob­jekt für einen Mas­ter­plan einer erwei­ter­ten Stadt­stra­te­gie gehen. Denn es gibt kei­ne Erkennt­nis­lü­cke, die mit wei­te­ren Unter­su­chun­gen gefüllt wer­den muss. Es geht dar­um, eine gewal­ti­ge Umset­zungs­lü­cke „ein Stück weit“ zu füllen.

Und in Anbe­tracht der drin­gen­den Her­aus­for­de­run­gen der Kli­ma­kri­se, und den in Fach­krei­sen aus­rei­chend vor­han­de­nen Erkennt­nis­sen, gilt es nun schleu­nigst ein paar Pflö­cke ein­zu­schla­gen (die for­ma­len Rah­men­be­din­gun­gen fest­zu­le­gen) und unver­züg­lich loszulegen.

Das Kon­zept

Die kon­kre­ten Vor­schlä­ge zu einem Veede­ls­Block+ fol­gen erst in dem drit­ten Kapi­tel. Vor­weg ste­hen zwei Kapi­tel mit län­ge­ren Abschnit­ten zu stadt­ent­wick­lungs­po­li­ti­schen Debat­ten und Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie einer aus­führ­li­che­ren Dar­stel­lung Köl­ner Stra­te­gie­pa­pie­re und Masterpläne.

Die­ses stel­le ich vor­weg, um zu ver­mei­den, dass sich an Ein­zel­maß­nah­men oder an jedem noch so klei­nen (Stra­ßen-) Abschnitt abge­ar­bei­tet und fest­ge­bis­sen wird. Ähn­lich wie in der Lokal­po­li­tik, wo der Sach­stands­be­richt zu jedem ein­zel­nen Pol­ler den Blick aufs Gan­ze trübt, und zudem unnö­tig Res­sour­cen bin­det. Mir ist wich­tig, Zusam­men­hän­ge mit­zu­den­ken: Kli­ma­kri­se, Bar­rie­re­frei­heit, Verkehrs‑, Ernährungs‑, Ener­gie­wen­de und vie­les ande­re mehr sind mit­ein­an­der ver­zahn­te Tei­le der Stadtentwicklung.

Der Veede­ls­Block +

Das Kon­zept des Veede­ls­Block+ als Pilot­pro­jekt zur Trans­for­ma­ti­on der Stadt will mit­den­ken, was bei­spiels­wei­se Kli­ma­fol­gen­an­pas­sung, Pan­de­mie und Gen­der-Pay-Gap mit­ein­an­der zu tun haben und wie die­ser Zusam­men­hang auch in der Ände­rung einer Ver­kehrs­füh­rung zum Aus­druck kommt. Des­halb ste­hen im vor­lie­gen­den Text Abschnit­te zur femi­nis­ti­schen Stadt­pla­nung neben sol­chen zur 15-Minu­ten-Stadt, der Schwamm­stadt oder zu recht­li­chen Hin­ter­grün­den des Par­kens im öffent­li­chen Raum.

Zum Bei­spiel: Die Pan­de­mie brach­te nach­hal­ti­ge Ver­än­de­run­gen im Frei­zeit­ver­hal­ten, in der Arbeits­welt und auch ein Roll­back, zurück zu tra­di­tio­nel­len Rol­len­zu­schrei­bun­gen. Das fällt heu­te zusam­men mit dem dra­ma­ti­schen Man­gel bei Kita-Per­so­nal und Schul­plät­zen sowie gestie­ge­nen Miet- und Ener­gie­prei­sen und ver­schärft den Druck auf die für Care-Arbeit zustän­di­gen Men­schen – auf Grund des Gen­der-Pay-Gap vor­nehm­lich Frauen.

Stadt­pla­nung kann den Gen­der-Pay-Gap nicht schlie­ßen, aber die Bedin­gun­gen für Care-Arbeit, Ver­sor­gung und Home-Office in einer Stadt der kur­zen Wege ver­bes­sern. Wenn Kin­der ihren Schul­weg selb­stän­dig und vor allem sicher zurück­le­gen und sich in ihrer Frei­zeit mit Freund*innen drau­ßen im Veedel tref­fen kön­nen, ist das ein Gewinn an „Qua­li­ty-Time”, für eine selbst­be­wuss­te Ent­wick­lung und das sozia­le Mit­ein­an­der (nicht nur) der Kin­der. Und wenn die Kita oder die Nach­mit­tags­be­treu­ung der Schu­le die Ver­sor­gung wegen Per­so­nal­man­gels gera­de wie­der ein­mal nicht gewähr­leis­ten kann, hel­fen genera­tio­nen- und fami­li­en­ge­rech­te öffent­li­che Räu­me (und in die­sem Fall Spiel­plät­ze), dies über nach­bar­schaft­li­chen Zusam­men­halt und sozia­le Zusam­men­hän­ge aufzufangen.

Hier­für braucht es siche­re, bar­rie­re­freie und kli­ma­fol­gen­an­ge­pass­te Auf­ent­halts­qua­li­tät im öffent­li­chen Raum: Attrak­ti­ve, beschat­te­te, grü­ne Sitz- und Auf­ent­halts­flä­chen, Trink­was­ser­spen­der und einen siche­ren und groß­zü­gi­gen Stra­ßen­raum für Men­schen. Öffent­li­cher Raum als sozia­ler Ort, Lern­ort und Ort der Begegnung.

Auch dafür braucht es die Trans­for­ma­ti­on der Stadt.

Die Ziel­set­zung

Ziel­set­zung die­ses Tex­tes ist es, die viel­fäl­ti­gen Erfah­run­gen und Dis­kus­sio­nen zum The­ma einer zukunfts­fä­hi­gen Stadt­ent­wick­lung zusam­men­zu­fas­sen und auf einen kon­kre­ten Raum – das Veedel „Ehren­feld hin­ter dem Gür­tel“ – anzuwenden.

Der Vor­schlag des Veede­ls­Block+ ver­sucht die abs­trak­ten Stra­te­gien und Erkennt­nis­se der Stadt­ent­wick­lung (die auch von der Stadt Köln z.T. so for­mu­liert wer­den), der kli­ma­ge­rech­ten Trans­for­ma­ti­on und der Ideen eines qua­li­ta­ti­ven öffent­li­chen Raums auf ein Quar­tier anzu­wen­den. Mit kon­kre­ten loka­len Umset­zungs­vor­schlä­gen wird der Pro­zess greif­bar, kann brei­ter ver­mit­telt und vor Ort erfahr­bar gemacht werden.

Anmer­kung Bür­ger­rä­te und Pilot­pro­jekt Veedelsblock.

Die Idee des Papiers ist unab­hän­gig von dem städ­ti­schen Pro­jekt der Bür­ger­rä­te mit dem Schwer­punkt­the­ma Veede­ls­block ent­stan­den. Wenn die inhalt­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit der Ent­wick­lung und Trans­for­ma­ti­on der Stadt in dem Pilot­pro­jekt der Bür­ger­rä­te auf­ge­grif­fen wird, freut mich das – es ist aber nicht die pri­mä­re Zielsetzung.

Die Umset­zung

Ich per­sön­lich ver­fü­ge nicht über die Exper­ti­se oder die Res­sour­cen, die­sen Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess zu steu­ern oder kon­kret umzu­set­zen. Das muss vor­nehm­lich die Ver­wal­tung und Poli­tik der Stadt Köln leis­ten – zumin­dest, wenn die­se ihre selbst for­mu­lier­ten Ansprü­che, Ziel­vor­ga­ben und Mas­ter­plä­ne der Stadt­ent­wick­lung noch ernst neh­men wol­len. Ich kann hier­zu einen Impuls und ein paar Gedan­ken­spie­le lie­fern. Die fach­li­che Aus­ar­bei­tung und Fein­jus­tie­rung muss dann im Aus­tausch mit den Expert*innen und einem par­ti­zi­pa­ti­ven, öffent­li­chen Aus­hand­lungs­pro­zess erfolgen.


Kapi­tel 1