Update 2023-07, Deut­zer Freiheit

4.1.8.3 Stadt­kon­tras­te auf der Deut­zer Freiheit

Im April 2023 hat der Ver­kehrs­ver­such auf der Deut­zer Frei­heit eine deut­lich qua­li­ta­ti­ve Auf­wer­tung erfah­ren. Das Team von Stadt­kon­tras­te hat im Auf­trag der Stadt Köln zahl­rei­che Stadt­mö­bel und Blu­men­käs­ten instal­liert. Auf Ein­la­dung der Bür­ger­initia­ti­ve Deut­zer (Auto-)Freiheit wur­den die Blu­men­bee­te bepflanzt und eine Öffent­lich­keits­kam­pa­gne auf den sozia­len Medi­en gestar­tet. Das sehr zahl­rei­che und über­aus posi­ti­ve Feed­back kann auf der Web­sei­te (deutzautofrei.de/statement/) nach­ge­le­sen werden.

Popu­lis­ti­sche Anfeindungen

Dort fin­det sich auch ein Offe­ner Brief Deut­zer Eltern und Anwohner:innen, in dem die Unterzeicher*innen „das Vor­ha­ben in hohem Maße“ begrü­ßen und auch bekla­gen, dass deren „Stim­me im poli­ti­schen Pro­zess mar­gi­na­li­siert [wür­den. Sie] neh­men wahr, dass eini­ge durch laut­star­kes öffent­li­ches Auf­tre­ten ver­su­chen, die­sen Pro­zess zu dis­kre­di­tie­ren“ Im wei­te­ren Ver­lauf berich­tet der Brief von laut­stark und aggres­siv vor­ge­tra­ge­nen Bei­trä­gen, ver­gif­te­ten Dis­kur­sen und Beschimp­fun­gen. Es wer­den auch die Ver­ant­wort­li­chen benannt: „Dar­an betei­ligt sind nach unse­ren Beob­ach­tun­gen nicht nur ver­ein­zel­te Bürger:innen, son­dern auch Ver­tre­tun­gen des Ein­zel­han­dels sowie poli­ti­sche Ver­tre­tun­gen, die dem Ver­kehrs­ver­such ableh­nend gegen­über­ste­hen.“ Die Unterzeichner*innen sor­gen sich ernst­haft um das Zusam­men­le­ben im Veedel, füh­len sich ein­ge­schüch­tert, bedroht und vom poli­ti­schen Dis­kurs aus­ge­schlos­sen. Es ist erschre­ckend, wie tief das Niveau der popu­lis­ti­schen Akteu­re gegen den (jeg­li­chen) Ver­kehrs­ver­such schon gesun­ken ist und wie wenig ihnen dar­an gele­gen ist, in einem Dis­kurs pro­duk­ti­ve Lösungs­vor­schlä­ge zu entwickeln.

Deut­zer Frei­heit Beispielhaft

Dabei kann die aktu­el­le Gestal­tung der Deut­zer Frei­heit bei­spiel­haft auf­zei­gen, wie Qua­li­tät im öffent­li­chen Raum ent­ste­hen kann und wor­auf es bei der Kon­zep­ti­on von Auf­ent­halts­qua­li­tät ankommt.

Die hoch­wer­ti­ge Aus­füh­rung des Park­lets und der Stadt­mö­bel von Stadt­kon­tras­te ver­mit­teln unmit­tel­bar eine Wert­schät­zung für den öffent­li­chen Raum und zei­gen, dass auch ohne exor­bi­tant hohen finan­zi­el­len Auf­wand und lan­ge Vor­lauf- und Pla­nungs­zei­ten eine anspre­chen­de Stadt­mö­blie­rung rea­li­siert wer­den kann.

Stadtmöbel
Ausschnitt eines Straßenmöbel mit dem eingebranntem Schriftzug "Stadtkontraste". Ein weiteres Stadtmöbel ist im Hintergrund.
Stadtmöbel

Mei­ner Mei­nung nach ist aller­dings noch zen­tra­ler, dass es sich nicht um die Anein­an­der­rei­hung von gut gemein­ten Sitz­ge­le­gen­hei­ten zwi­schen Lade­zo­nen, Rad­ab­stell­an­la­gen und par­ken­den PKW han­delt (wie auf der Ven­lo­er Stra­ße). Auf der Deut­zer Frei­heit wird die Idee einer Raum- und Platz­ge­stal­tung sicht­bar. Die Kon­zen­tra­ti­on an drei Stel­len unter­bricht die ansons­ten line­ar durch­ge­hen­de Stra­ßen­füh­rung und ver­mit­telt, dass ein Zusam­men­kom­men und der Auf­ent­halt an die­sen Orten erwünscht ist.

Die üppi­ge und viel­fäl­ti­ge Bepflan­zung unter­stützt die­sen Ein­druck. Es gibt ein­an­der zuge­wand­te Sitz­ge­le­gen­hei­ten, die eine Kom­mu­ni­ka­ti­on för­dern, aber auch ein­zel­ne Objek­te, die ein für-sich-sein ermög­li­chen. Dem ambi­va­len­ten Ver­hält­nis von Nähe und Distanz seit der Coro­na-Pan­de­mie wird hier entsprochen.

Der Platz vor St. Heri­bert erfährt durch das dort­hin gerich­te­te und zum Stra­ßen­raum geöff­ne­te Park­let eine Beto­nung. Der Platz öff­net sich dadurch zum Stra­ßen­raum und liegt nicht mehr so sehr getrennt und nach hin­ten zurück­ver­setzt. Das am Stra­ßen­rand ste­hen­de Modul aus dem Köl­ner BAUM­KAS­TEN­SYS­TEM hat­te den tren­nen­den Cha­rak­ter durch die von­ein­an­der abwei­sen­den Sitz­flä­chen (eben­so wie die lei­der Rücken an Rücken ste­hen­den Bän­ke am Was­ser­spen­der) noch­mals betont. Nun kann der Platz als Ein­gangs­tor zur Deut­zer Frei­heit ent­wi­ckelt wer­den. Der sehr löb­li­che Trink­was­ser­spen­der und die gro­ßen schat­ten­spen­den Bäu­me kom­plet­tie­ren den Ein­druck und deu­ten an, wel­ches Poten­ti­al in die­sem Platz liegt. Auch die ver­setzt ange­ord­ne­ten Objek­te neben dem Park­let öff­nen den Geh­weg auf die­ser Stra­ßen­sei­te zum gegen­über­lie­gen­den Platz hin.

Panoramabild vom Platz vor St. Heribert

Auch die ande­ren Orte, an denen die Stadt­mö­blie­rung kon­zen­triert ist, schaf­fen Räu­me und drü­cken ein „Will­kom­men“ in einer kon­sum­zwang­frei­en Auf­ent­halts­flä­che aus. Der sozia­le Cha­rak­ter des öffent­li­chen Raums wird durch die Was­ser­re­ser­voi­re mit Gieß­kan­nen und Bild­ta­feln noch­mals her­vor­ge­ho­ben. Die Plät­ze öff­nen den Blick dar­über hin­aus auch auf die umge­ben­de Architektur.

Konzentration von mehreren Stadtmöbeln auf einer zusammenhängenden Fläche am Straßenrand. Es entsteht ein Platzcharakter.
Detail des vorherigen Bildes mit sich auf den Stadtmöbeln aufhaltenden Menschen.

Die Deut­zer Frei­heit betont damit die Funk­ti­on als Ziel­ort gegen­über der Durch­gangs­funk­ti­on – scha­de, dass eini­ge Einzelhändler*innen dies nicht als Chan­ce begrei­fen und nutzen.

Lei­der gehen die­se sogar so weit, eine Kla­ge gegen die Fort­füh­rung des Ver­kehrs­ver­su­ches anzu­stre­ben* und sich jeg­li­cher Ent­wick­lung ent­ge­gen­zu­stel­len. Soll­te der Ver­kehrs­ver­such kei­ne Fort­set­zung haben und „die Autos“ wie­der zurück auf die Deut­zer Frei­heit kom­men, wer­den die Pro­ble­me man­cher Einzelhändler*innen sich nicht auf­lö­sen. Die­se wer­den dann aber – in Ein­tracht mit der sie unter­stüt­zen­den Köl­ner CDU – natür­lich dem Ver­kehrs­ver­such die Schuld für ihren sich wei­ter fort­set­zen­den und schlei­chen­den Nie­der­gang geben.

Dabei wäre es so wich­tig, die nun gemach­te (wei­test­ge­hend posi­ti­ve) Erfah­rung und die gewon­ne­nen Erkennt­nis­se aus Deutz mit­zu­neh­men – zum Bei­spiel auch auf die Ven­lo­er Stra­ße (sie­he: Update Ven­lo­er Stra­ße).

* das Köl­ner Ver­wal­tungs­ge­richt hat am 2. August 2023 der Kla­ge statt­ge­ge­ben und den Ver­kehrs­ver­such, bzw. die Fuß­gän­ger­zo­ne für „vor­aus­sicht­lich rechts­wid­rig“ erklärt (Pres­se­mit­tei­lung VG Köln), sie­he auch: Update Stra­ßen­ver­kehrs­ge­setz.

sie­he hier­zu auch: Der Pyr­rhus­sieg auf der Deut­zer Freiheit


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