Update 2023-07, Ven­lo­er Straße

Erfah­run­gen aus dem Ver­kehrs­ver­such Deut­zer Freiheit

Der Ver­kehrs­ver­such auf der Deut­zer Frei­heit hat­te ähn­lich der Ven­lo­er Stra­ße kei­nen guten Start, konn­te dann aber im Früh­jahr 2023 noch deut­lich nach­ge­bes­sert und auf­ge­wer­tet wer­den. Die dort gemach­ten (posi­ti­ven) Erfah­run­gen mit der Gestal­tung des öffent­li­chen Raums – beschrie­ben unter [Aufbruch:Stadt] 4.1.8 Ver­kehrs­ver­such Deut­zer Frei­heit, Deutz-Auto­frei – soll­ten auf die Ven­lo­er Stra­ße mit­ge­nom­men wer­den (sie­he auch hier: Update 2023-07, Deut­zer Frei­heit).

Mein Ein­druck ist aller­dings, dass der Bereich vor dem Gür­tel nicht mehr zu ret­ten ist: Die Fron­ten und Mei­nun­gen sind zu sehr ver­här­tet und eine Anpas­sung oder gar ein Abbruch erscheint mir zum jet­zi­gen Zeit­punkt auch nicht mehr ziel­füh­rend, obwohl ich davon über­zeugt bin, dass die nächs­te Pha­se (Ein­bahn­stra­ße) kei­ne Lösung oder Ver­bes­se­rung brin­gen wird/kann.

[Im Okto­ber 2023 star­te­te die 2 Pha­se des Ver­kehrs­ver­suchs “Ein­bahn­stra­ße” und der Start ver­läuft deut­lich bes­ser, wie ich es erwar­tet habe. Infos und eine ers­te Ein­schät­zung hier…]

Für die Ven­lo­er Stra­ße hin­ter dem Gür­tel ist aller­dings noch alles offen und die Feh­ler der Ver­gan­gen­heit (kon­zep­tio­nell, qua­li­ta­tiv, kom­mu­ni­ka­tiv) könn­ten hier ver­mie­den wer­den. Ent­schei­dend dabei ist m.E. eine Abkehr von der Fokus­sie­rung auf das Modell eines Ver­kehrs­ver­su­ches, auch um vor­ein­ge­nom­me­ne (par­tei­po­li­ti­sche) Denk- und Reak­ti­ons­mus­ter zu vermeiden.

Stadt­ent­wick­lung statt Verkehrsversuch

Grund­sätz­lich soll­te die fach­über­grei­fen­de Per­spek­ti­ve und Visi­on der städ­te­bau­li­chen Ent­wick­lung im Vor­der­grund ste­hen, in des­sen Rah­men es natür­lich auch das lau­fen­de Geschäft der Ver­wal­tung ist, bestehen­de Beschlüs­se anhand einer (stadt­wei­ten) Stra­te­gie umzusetzen.

Die in der Köl­ner Stadt­stra­te­gie Per­spek­ti­ven 2030+ beschlos­se­ne Visi­on soll­te im Fokus der Kom­mu­ni­ka­ti­on und Ver­mitt­lung lie­gen. Ein­zel­ne Maß­nah­men müs­sen inner­halb die­ses Gesamt-Ent­wick­lungs­kon­zept ver­or­tet und im Zusam­men­hang und Zusam­men­wir­ken erklärt werden.

Der Netz­plan des Rad­ver­kehrs­kon­zepts (Ehren­feld, RVKE) ist ein Teil eines sol­chen Gesamt­bil­des und die dort beschlos­se­nen Hand­lungs­vor­schlä­ge brau­chen eigent­lich auch kei­nen wei­te­ren Ver­kehrs­ver­such, son­dern müs­sen „nur noch“ mit den viel­fäl­ti­gen wei­te­ren Stra­te­gien ver­bun­den und umge­setzt werden.

Begeg­nungs­zo­nen

Im Gut­ach­ten zum RVKE wer­den der Platz vor dem Bür­ger­zen­trum und der Alpe­ner Platz als Begeg­nungs­zo­nen nach dem Shared-Space-Kon­zept emp­foh­len (sie­he Gut­ach­ten, S. 215). Brin­ge ich die Kri­tik und eine Ana­ly­se der Feh­ler des Ver­kehrs­ver­such „vor dem Gür­tel“ zusam­men mit den posi­ti­ven Bei­spie­len einer qua­li­ta­ti­ven Gestal­tung auf der Deut­zer Frei­heit, dann ent­steht dar­aus ein Bild der Umge­stal­tung als städ­ti­scher Begegnungsraum.

Die­se Umge­stal­tung eini­ger mar­kan­ter Punk­te im Ver­lauf der Ven­lo­er wan­delt den Cha­rak­ter der Stra­ße in ihrer Funk­ti­on als Ver­bin­dung zwi­schen ent­fernt von­ein­an­der lie­gen­den Orten (Durch­gang), hin zu einem öffent­li­chen Raum an und für sich (Quelle/Ziel, Aufenthalt).

Die Redu­zie­rung des Durch­gangs­ver­kehrs wird sich erge­ben – bevor­zugt unter­stützt mit­tels wei­te­rer Maß­nah­men wie der Sper­rung der Über­fahr­mög­lich­keit des Ehren­feld­gür­tels oder einer Ände­rung der Ver­kehrs­füh­rung im Veedel. Eine pola­ri­sier­te Debat­te für oder gegen „das Auto“ und/oder „die Fahr­rad-Ram­bos“ muss gar nicht erst über ein Pro/Contra inner­halb eines Ver­kehrs­ver­su­ches auf­ge­macht wer­den (und eine Beschluss­la­ge liegt schließ­lich auch schon vor).

Es wer­den ver­gleichs­wei­se weni­ge, lokal begrenz­te, bau­li­che Maß­nah­men zur Umset­zung benö­tigt: Eine Anglei­chung von Geh­weg und Fahr­bahn. Eine lokal begrenz­te, aber deut­lich sicht­ba­re Ände­rung der Fahr­bahn­ober­flä­che durch z.B. Auf­pflas­te­rung oder Mosa­ik­pflas­ter (Optio­nal auch Far­be). Beschil­de­rung T20, bes­ser T10 oder Schritt­ge­schwin­dig­keit, auf den begrenz­ten kur­zen Abschnit­ten der Stra­ße, optio­nal begrenzt mit Querungshilfen/Engstellen wie schon an einer Stel­le des Alpe­ner Platz vor­han­den ist. Eine Begren­zung der T10/­T20-Abschnit­te auf die­se klei­nen Berei­che bie­ten dann auch die Fle­xi­bi­li­tät für wei­te­re Maß­nah­men, wie zum Bei­spiel bei der Kreu­zung Ven­lo­er / Ley­en­de­cker. Hier könn­ten wei­ter­hin Zebra­strei­fen oder eine “Anfor­de­rungs-Ampel” ein­ge­rich­tet wer­den, was in einem ver­kehrs­be­ru­hig­ten Geschäfts­be­reich nicht ohne wei­te­res mög­lich ist (sie­he hier­zu: Update Kreu­zung Ven­lo­er / Ley­en­de­cker Stra­ße).

Grün-Blaue Infra­struk­tur

In die Umset­zung wird das Grün­flä­chen­amt ein­be­zo­gen, um bei­spiels­wei­se ver­si­cke­rungs­fä­hi­ge Flä­chen anzu­le­gen, auch um den Platz­cha­rak­ter zu beto­nen (sie­he auch [Aufbruch:Stadt] 2.1.2.4 Pro­jekt­skiz­ze Das­sel­be in Grün, bzw. 3.7.3.4 Schwamm­stadt, blau-grü­ne Infrastruktur).

Schwarzplan VeedelsBlock+Vereinzelte grüne Bereiche markiert.
Kar­te aus “Aufbruch:Stadt”. Neue Plät­ze mit blau-grü­ner Infra­struk­tur als Teil der Schwamm­stadt. Plät­ze als Ver­bin­dungs­kno­ten für grü­nen Ach­sen. Auf der Ven­lo­er Stra­ße sind dies (v.l.n.r.): Alpe­ner Platz, Keu­zung Venloer/Leyendecker, Bereich vor dem Leo-Amann-Park und um das Büze, Bereich vor dem Bezirks­rat­haus gegen­über der Pla­ten­stra­ße, Bahnhofsvorplatz.

Kom­mu­ni­ka­ti­on

Der Fokus der Außen­kom­mu­ni­ka­ti­on soll­te bei der Stadt­ent­wick­lung und einer fach- und amts­über­grei­fen­den Kon­zep­ti­on lie­gen. Dafür muss – schon im Vor­feld – der Ver­mitt­lung ein deut­lich grö­ße­rer Raum ein­ge­räumt wer­den – dies auch im wört­li­chen Sinn! Zum Bei­spiel: Auf dem Neu­markt ist im Rah­men des Som­mer­pro­gramms 2023 „Nimm-Platz“ ein Pavi­li­on auf­ge­baut wor­den, der meh­re­re Anfor­de­run­gen erfüllt. Der Pavil­lon bie­tet eine qua­li­ta­ti­ve, über­dach­te und mul­ti­funk­tio­nal nutz­ba­re Aufenthalts‑, Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­flä­che (lei­der steht der Pavil­lon nur für die Zeit von Juli bis August). Ver­gleich­ba­re Objek­te könn­ten von der Stadt auch an den oben genann­ten Orten (Ven­lo­er vor dem Büze, Alpe­ner Platz) län­ger­fris­tig instal­liert wer­den, um städ­ti­sche Ent­wick­lungs­pro­jek­te zu kom­mu­ni­zie­ren und einen nie­der­schwel­lig erreich­ba­ren Ort der Dis­kus­si­on und Betei­li­gung zu schaf­fen (sie­he auch [Aufbruch:Stadt] 3.7.7.4 Aktiv­Raum Alpe­ner Stra­ße. oder 3.7.15.3 Info-Point und TinyRathaus).

Öffent­li­cher Raum wird damit wie­der bewusst zu einem Ort des Aus­tau­sches und der Ver­mitt­lung. Betont und pro­ak­tiv unter­stützt wird dies durch eine ein­la­den­de Möblie­rung und Platz­ge­stal­tung (wie bei­spiels­wei­se aktu­ell auf der Deut­zer Frei­heit). Die­se Orte bie­ten sich nicht nur für unmit­tel­ba­re und vor­der­grün­di­ge Infor­ma­ti­ons­ver­mitt­lung an, son­dern auch – das Umfeld betref­fen­de – sons­ti­ge und zukünf­ti­ge Ent­wick­lun­gen kön­nen kom­mu­ni­ziert wer­den. Bei­spiels­wei­se aktu­ell die Pro­jek­te zum Mas­ter­plan Stadt­grün, zum Ein­zel­han­dels­kon­zept Ehren­feld oder dem­nächst im Rah­men der Bür­ger­rä­te zu Veedels­blö­cken oder zur zukünf­ti­gen kom­mu­na­len Wär­me­pla­nung im Veedel. Dar­über hin­aus bie­ten sie sich als Nach­bar­schafts­treff­punkt und poten­zi­el­ler Kul­tur­raum (für Ver­an­stal­tun­gen) dau­er­haft an.

Schwarzplan VeedelsBlock+Kleine und große rote Kreuze markieren verschiedenen Stellen im Quartier.
Kar­te aus “Aufbruch:Stadt” mit zen­tra­lem Info­Point am/im Büze, zusätz­li­chen Info­Points und Stand­or­ten für ein Tiny-Rat­haus sowie ana­lo­ge und digi­ta­le Weg­wei­ser an mar­kan­ten (Ver­bin­dungs-) Punk­ten im Veedel in Zusam­men­hang mit Maß­nah­men des VeedelsBlock+.

Mul­ti­funk­tio­na­ler Raum für Menschen

Öffent­li­cher Raum wan­delt sich von einem mono­funk­tio­na­lem Ver­kehrs­raum wie­der zu einem mul­ti­funk­tio­na­len Raum für Men­schen und gleich­zei­tig wer­den ein­zel­ne Bau­stei­ne (wie aus dem RVKE, s.o.) kon­kret umge­setzt. Die Ver­mitt­lung wei­te­rer Maß­nah­men „aus dem lau­fen­den Geschäft der Ver­wal­tung“ wie bei­spiels­wei­se eine geän­der­te Ver­kehrs­füh­rung im Veedel oder Maß­nah­men zur Kli­ma­fol­gen­an­pas­sung (Grün-Blaue Infra­struk­tur) kann so – inter­dis­zi­pli­när und amts­über­grei­fend — im Vor­feld kom­mu­ni­ziert und nie­der­schwel­lig und lokal zur Dis­kus­si­on gestellt werden.



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